Die Dreharbeiten für Ramses 2 stehen in den Startlöchern, Russel Crowe wurde hier auf dem Sklavenmarkt verhökert und die Päpstin hatte ihr unfreiwilliges Outing. Die Atlas Filmstudios in Quarzazate sind für die internationale Filmindustrie ein guter Außenposten: stabile Wetterlage, spektakuläre Kulissen und günstige Produktionskosten und beamt uns mal eben 2000 Jahre zurück.
Alle 10 Jahre müssen die Wände mit Stroh und Lehm renoviert werden – das Baumaterial der Kasbah.
Was für uns so eine richtige Mittelalterburg ist, ist hier ein Kasbah. Wohnburgen für große Familien nebst Anhang. Nebenbei haben sie auch für den Schutz der Karawanen gesorgt.
Wir fahren entlang der „Route der tausend Kasbah“ – viele sind verfallen, aber glücklicherweise werden zunehmend mehr aufgekauft, saniert und manchmal sogar zum Hotel umgebaut. So wie unsere, die Kasbah Amridil, die im Haupttrakt ein Museum und im Nebentrakt uns beherbergt. Nur uns – eine Nacht Mittelalter-Orient pur.
„Nun ist aber mal gut mit dem Betteln“ sagt eine deutsche Wanderin, die wir immer mal wieder auf unserer kleinen Rundwanderung treffen. Gemeint sind die Nomaden, Mutter mit drei Kindern, die sich auf den steilen Weg hinab gemacht haben, um ein bisschen Geld mit Touristen zu verdienen. Sie zeigen uns ihre kaputten Schuhe, äh Schläppchen und wir schauen peinlich berührt auf unsere profilsohllastigen Wanderschuhe. „Nun ist mal gut…“ teile ich nicht so ganz bzw. gar nicht.
Wir sind einige Dirham losgeworden, nebst Apfel und Banane. Und durften „zum Dank“ auch wunderschöne Fotos machen. Ein unschönes Gefühl bleibt.
Wir alle wissen, dass ohne Wasser nichts ist. Hier rutscht dieses Wissen auch in den Bauch. Hier spürt und fühlt man die fundamentale Bedeutung von Wasser.
Wir sind in der Todhra Schlucht, in deren Mitte der gleichnamige Fluss entspringt – dieser Held, der ein grünes Band durch den hohen Atlas zaubert und die Lebensgrundlage für viele Tausende Menschen schafft. Kommt plötzlich einfach, bescheiden und leise aus dem Boden daher – mit reinem, klarem Wasser.
Da sich viele Touristen dieses Naturwunder anschauen wollen, gibt es sogar einen Routenvorschlag auf Komoot und wir können endlich mal wieder wandern: 10 km, knapp 500 Höhenmeter – bei der Hitze gut schaffbar, mit 3 Litern Wasser im Gepäck.
Hasan war Busfahrer und hatte die Schnauze gestrichen voll, kaufte (wenn wir es richtig verstanden haben) einen kleinen Hügel gleich neben der N10 und baute da ein kleines Pause-Café hin – eine Raststätte. Seine Mission: hervorragender Kaffee mit einer Kräuter- Note aus dem heimischen Garten. Den hat er frisch hinter dem Hügel angebaut und im Hügel: seine kuschelige Wohnstube, daneben Bad und blitzsauberes Klo. Kenner haben ihm dafür 5 Sterne bei Google gegeben. Voll verdient und weiter sagen!
Früher zogen die Karawanen von Timbuktu nach Rissani. Hier war der Hauptumschlagplatz für Gewürze, Stoffe, Datteln und … Sklaven. Auf unserer Fahrt durch die Schwarze Wüste bekommen wir ein „ Häuchen“ von Vorstellung von den unfassbaren Qualen der Sklaven, die den Kamelen zu Fuß hinterher trotten mussten.
Wir haben Glück – heute ist grosser Markttag in Rissani – inklusive Viehmarkt. Und wir versuchen es gar nicht erst ohne Führer.
Ismael führt uns zielstrebig durch das geschäftige Markttreiben. Der guten Tradition folgend nehmen wir duftende Gewürze vom Händler Ismaels Vertrauens mit. Vom Kauf eines Esels wird mir allerdings eindringlich abgeraten: für den Transportdienst aus Altersgründen ungeeignet war er wirklich nur noch für den Grill bestimmt. Das Problem mit dem Versand wäre dagegen wahrscheinlich lösbar gewesen.
Vielleicht ist es bisher noch nicht wirklich deutlich geworden: alles hat sich ganz phänomenal gelohnt. Abends barfuß durch den warmen Sand zu streifen, immer auf der Suche nach dem nächsten möglichst vollkommen scharfen Grat einer Düne, um eigene Spuren zu hinterlassen. Die langsam verblassenden Goldtöne der Wüste und der überbordende Sternenhimmel, in dem wir vergeblich den großen Wagen suchen und nicht zuletzt die mampfenden Kamele vor unserem Zelt. Stimmt schon irgendwie mit der Wüstenromantik. Es war wahrlich beglückend.
Obwohl es manchmal in Marokko so wirkt, als sei die Zeit stehen geblieben. Hier in Merzouga ist sie es nicht.
Gab es früher die einfachen Offline-Camps mit Gemeinschaftsbad, so reihen sich jetzt Luxory-superiour-wellness-Glampings aneinander. Weiße Zelte mit eigenem Bad – das wesentliche Argument.
Wer uns kennt, kennt unsere Entscheidung. Berber Standard – also die charmante bunte Zeltburg mit Klos für alle. Nur – „alle“ sind nur wir.
Alle anderen sind in der Welt nebenan. Da unser Host aber mit der Zeit gegangen ist, profitieren wir trotzdem: Internet von neben an – durften wir auch, haben wir nicht – und im gemeinsamen Speisezeit waren alle gleich – beim abendlichen Viergänge Menü und einem sehr ansehnlichen Frühstück.
Wir fühlen uns wie Füchse. Über die gegebenenfalls nicht ganz so saubere Bettwäsche sehen wir freimütig hinweg. Mitgeschleppte Schlafsäcke, endlich könnt Ihr euch beweisen!
Orange leuchtende Sanddünen bis zum Horizont, prall gefüllter Sternenhimmel, berauschende Sonnenaufgänge und eine atemberaubende Stille sind der Inbegriff von Wüstenromantik.
Hier ist Merzouga ganz vorne dabei: Kameltrekking in den Sonnenaufgang, rasante Quad Fahrten quer über die Dünen, der abendlichen Ritt auf dem rassigen Araberpferd, das romantische Dinner zu zweit direkt auf einem Dünengipfel im Kerzenschein – gern noch im rot beleuchteten Riesenherz – oder das abendliche Berbertrommelkonzert vor dem Lagerfeuer. Alles ist möglich und Romantik garantiert.
Merzouga liegt am Rande eines Dünengebietes mit beeindruckenden, aber auch überschaubaren Ausmaßen.
Wie sind nicht ganz frei von idyllischen Vorstellungen: unsere Romantik ist die Übernachtung im Berberzelt – der Natur ganz nah. Wir buchen zwei Nächte nebst hin- und Rücktransport per Kamel.
Nach einem knapp zweistündigen Ritt auf schaukelnden Dromedaren und ersten Blasen am Hintern – ja, gibt es – haben wir die Dünen einmal komplett durchquert und sind erstaunt, wieviele andere Menschen unsere Vorstellungen teilen.
Der Fluss Oued Ziz bahnt sich seinen Weg durch die Wüste. In seinem Tal wachsen die Dattelpalmen Marokkos. Dieses genannte Tafilalet zieht sich wie ein grünes Band durch die Geröllwüste. Auf unserer Route liegt die Blaue Quelle von Meski. Aber auch hier hinterlässt der Klimawandel deutliche Spuren. Seit 2019 kein Regen mehr, so ist die Quelle nicht mehr blau sondern graubraun und de facto nicht mehr vorhanden, das Schwimmbad fristet ein staubiges Dasein und die Dattelpalmen kämpfen sichtbar mit der Dürre.
Ein paar Kilometer weiter das sehr ursprüngliche Ksar Maadid, ein befestigtes, in sich geschlossenes komplett wasserloses Wüstendorf – noch bewohnt und wohl jüngst von der UNESCO bei Reparaturarbeiten. unterstützt. Ein prompt aufgetauchter Führer nebst fröhlicher Kinderschar führen uns stolz durch ihr Zuhause. Und zum Dank kaufen wir eine ordentlich große Portion Datteln.