Wenn ich an Pyramiden denke, denke ich zuerst an: die Kantine. Kein Scherz. Dieser Ort ist wie eingefroren in der Zeit. Tabletts, Gläser, Salzstreuer, Blumendeko – alles steht noch da, als wäre man nur kurz in der Pause. Nur dass diese Pause 1998 begann. Und keiner kam zurück.
Mit unserer russischen Guide streifen wir durch die Gebäude der Stadt. Jedes erzählt Geschichten. Man muss nichts rekonstruieren – man sieht sie einfach. Und plötzlich ist man mittendrin: in einer Welt, die es nicht mehr gibt, aber noch da ist. Es ist ein gespenstisch faszinierendes Stillleben in Stadtgröße.
Formulare auf den Schreibtischen, Stempel in Schubladen, Uhren an den Wänden, Kochtöpfe auf dem Herd, bunte Mosaike in Fluren und Speisesaal, Kinderbettchen mit Bettwäsche. Man wandert durch die Räume wie durch ein eingefrorenes Leben – und kann einfach nicht aufhören zu schauen, zu staunen, zu entdecken.
Eine sowjetische Modellstadt am Ende der Welt
Pyramiden war kein einfaches Bergarbeiterdorf. Es war ein Prestigeprojekt. Wer hier lebte, gehörte dazu. Es gab alles: Schule, Kindergarten, Kulturhaus, Krankenhaus, Kino, eine Sporthalle mit Schwimmbecken (!), Sauna – und natürlich: die Kantine für ein halbes Dorf. Massiv, funktional, durchdacht. Und jetzt: verlassen. Verstummt.
Pyramiden gehört auf meine Liste der schrägsten, eindrucksvollsten, merkwürdigsten Orte, die ich je besucht habe. Zwischen Retro-Charme, stiller Melancholie und einem leisen Frösteln – ein Ort, der bleibt. Unter der Haut.












